Fake Tilt-Shift (Miniaturisierung in Film und Fotografie)

Wenn wir auf eine Modelllandschaft blicken, dann ist uns klar, dass es sich um einen bestimmten Maßstab handelt. Aber warum ist das so? Vergleicht man unterschiedliche Brennweiten (Beispiele im Bildaufbau), so stellt man fest, dass je nach Brennweite bei Teleaufnahmen Objekte im Vorder- und Hintergrund näher an die Fokusebene rücken oder sich im Weitwinkel entfernen. Dieser Effekt ist im normalen Brennweitenbereich zwischen 35 und 70mm am geringsten. Genau hier ist auch die Sichtweite unseres Auges.

Würde man eine Modellandschaft mit z.B. 50mm mit einem identischen Ausschnitt einer Landschaft in freier Natur vergleichen, so wird man feststellen, dass sich in der Minatur der Hintergrund mit großer Unschärfe darstellt. Grund dafür ist die Fokusebene, die nun viel näher am Objektiv liegt, was zu einer starken Veränderung der Entfernung der dahinter- oder davorliegenden Objekte führt.

Das Bouquet bei nahe an der Kamera liegenden Objekten, das kennt man auch aus der Makrofotografie, erscheint im Hintergrund immer unscharf, da sie vom Auge und auch vom Objektiv so fokusiert werden, dass der Hintergrund nicht wahrgenommen werden kann. Will man den Effekt auf Fotos übertragen, so muss man dafür sorgen, dass genau dieser Eindruck entsteht.

Zusätzlich kann der Blickwinkel entscheidend sein, da wir bei Modelldarstellungen meist eine leichte Draufsicht erwarten. Viele Miniaturen sind zusätzlich in der Farbdynamik und im Kontrast verstärkt, das kennen wir vor allem von Spielzeugen.

Umgekehrt geht das natürlich auch, setzt aber dann zwangsläufig Fokusstacking voraus. Um z.B. eine Biene lebensgroß wirken zu lassen, muss sie komplett scharf sein und auch der Hintergrund sollte möglichst scharf sein. Auch hier helfen Vergleichsmöglichkeiten im Bild um diesen Eindruck zu verstärken.

Tilt Shift oder Fake Tilt-Shift

Ein Tilt-Shift Objektiv erlaubt es, die Schärfeebene zu kippen. Dadurch ist es technisch möglich einen Miniatureindruck zu schaffen ohne die Bilder bearbeiten zu müssen. Dieses kann bei Filmaufnahmen sehr hilfreich sein. Die schönsten Ergebnisse wird man im Bereich um die 50mm erzielen. Im Weitwinkelbereich ist das Bouquet im Hintergrund meist zu wenig um einen guten Miniatureindruck zu vermitteln.

Echte Miniaturansicht

Um zu verstehen wie Miniaturen wirklich aussehen, macht es Sinn, sich solche Bilder genauer anzusehen. Ich habe diese im Miniaturwunderland in Hamburg aufgenommen und nicht bearbeitet. Bei der Draufsicht auf die Landschaft ist die Schärfe so groß, dass es auch eine echte Aufnahme sein könnte. Das Feuerwehrbild zeigt hingegen sehr gut, dass auch bei Miniaturen die Schärfeebene vollständig vorhanden ist und der Turm nicht nach oben unscharf wird. Gleiches ist im Parkhaus zu erkennen. Die sehr geringe Schärfentiefe und die Schärfe die sich in unterschiedlichen tiefen ändert ist charakteristisch für solche Aufnahmen.

Was ist ein Fake-Tilt-Shift

Zugegeben, der Name klingt wie geschummelt, aber so darf man das nicht sehen. Als Ausgangsfoto verwendet man ein scharf fotografiertes Bild. Dabei ist es egal mit welcher Brennweite dieses Bild aufgenommen wurde.

Zuerst legt man einen Gauss Filter so auf das Bild, dass nur noch eine Ebene scharf abgebildet wird. Photoshop (ab Version CS6) liefert dafür einen eigenen Filter, der diese Aufgabe sehr einfach erledigt (Filter -> Weichzeichnungsfilter -> TiltShift). Dei meisten Bilder wären jetzt schon fertig, interessant wird es aber erst, wenn man ins Detail geht.

Denn im Grunde reicht eine Gauss-Graduation nicht aus um eine 100% echte Miniatur entstehen zu lassen. Daher ist es wichtig, in Entfernungen zu denken. Im nachfolgenden Beispiel möchte ich das zeigen. Bei einem reinen Gauss wäre die Fackel auf dem Schiff und die Kräne ebenfalls unscharf. Das wäre aber so gesehen falsch, da sie ja in der gleichen Ebene, also noch im Fokus wären. Die Fleißarbeit ist es also mit Ebenen etc… so zu arbeiten, dass alle Objekte im Schärfebereich auch wirklich scharf bleiben. Je nach Modell kann das einige Stunden Freistellungsarbeit in Anspruch nehmen, die sich aber lohnt. Kleine Elemente wie hier die Seile des Krans werden nachträglich eingezeichnet, Leitern etc… werden gleich in der Maske zurückgezeichnet.

Bei dieser Arbeit verrät lediglich die Sonne, dass es sich um ein großes Schiff handelt.

Vergleich Fake Tilt-Shift und Original